[Querfeldein Online] Krakau: Welterbe an der Weichsel

Eine wunderschöne Altstadt, aber auch viele spannende Museen und gutes Essen machen die südpolnische Metropole interessant.

STEFAN VEIGL

Die ehemalige Hauptstadt Polens. Sitz der zweitälteste Universität Mitteleuropas. Und bereits seit 1978 Teil des UNESCO-Welterbes. All das ist Krakau. Aber auch eine gemütliche Stadt, die von Wien aus per Bahn ohne Umsteigen binnen fünfeinhalb Stunden erreichbar ist. Der zusätzliche Vorteil: Wer mit dem Zug in Krakau ankommt, hat zu den zentralen Wahrzeichen der Stadt an der Weichsel nicht weit. Denn die Ringstraße um die Altstadt, die an der Ecke zum Bahnhof übrigens Westerplatte heißt, beginnt gleich unweit des Ausgangs des Hauptbahnhofs. Und so wie diese Straße begegnen einem in Krakau viele deutsche und auch tschechische Haus- und Gassennamen, die auf die politisch wechselhafte Geschichte der erstmals 965 erwähnten Stadt hinweisen.

Zunächst zieht es uns in der Stadt mit aktuell 780.000 Einwohnern zur bekanntesten Sehenswürdigkeit, die auch tatsächlich mitten im historischen Zentrum liegt: Der 1257 angelegte Rynek Glowny (dt.: Hauptmarkt) samt den Sukiennice, den ehemaligen Tuchhallen. Der rund 40.000 Quadratmeter (!) große, quadratische Marktplatz mit dem länglichen Renaissance-Gebäude in seiner Mitte beeindruckt schon ob seiner Größe, wenn man ihn betritt. Und auch, wenn in der Halle mittlerweile statt wertvollem Tuch nun großteils Souvenirs verkauft werden, lohnt sich das Durchgehen schon allein wegen der Architektur. Denn die in Kojen organisierten kleinen Geschäfte sind außen mit Holz verziert; und auch das Gewölbe samt den historischen Lampen ist ein Hingucker. Daneben sind am Markplatz aber auch noch zahlreiche andere historische Gebäude zu finden: Am nordöstlichen Ende ist die Marienkirche mit ihren beiden unterschiedlich hohen Türmen zu beobachten. Am südwestlichen Ende erhebt sich der Rathausturm, den man auch erklimmen kann. Blickfang vor dem Turm ist zudem eine Skulptur des polnischen Bildhauers Igor Mitora, die einen liegenden hohlen Bronzekopf zeigt und „Eros Bendato“ heißt. Außerdem gibt es rund um die Tuchhallen immer wieder Marktstände, an denen man diverse Spezialitäten der polnischen Küche probieren kann – von Würsten über deftige Fleisch- und Krautspeisen sowie Knödeln bis hin zu süßen Mehlspeisen.

Ein ausführlicher Rundgang durch jene Straßen im weiteren Umkreis um den Rynek fördert viele weitere interessante historische Gebäude zutage: Etwa das Collegium Maius (eines der ältesten Gebäude der 1364 gegründeten Universität und mittlerweile ein Museum), das Piaristenkloster samt dem nahen Florianstor und dem Czatoryski-Museum. In diesem könne man alleine schon einen halben Tag verbringen: Es ist das älteste Museum Polens; Highlights seiner in Summe vier Kunstgalerien sind Werke von Leonardo da Vinci und Rembrandt.

Nun gehen wir vom Rynek aber die malerische Ulica Grodzka, am Schlossberg Wawel vorbei, in Richtung Süden: Denn den heutigen Nachmittag widmen wir dem jüdischen Viertel Kazimierz. Es zeigt, wie groß und wichtig die jüdische Kultur einst in Krakau war: Denn vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieg lebten 70.000 Jüdinnen und Juden in Krakau und stellten rund ein Viertel der Stadtbevölkerung; aber nur 1000 überlebten den Holocaust. Aktuell sind es immerhin 200; in Summe gibt es sieben Synagogen im Viertel, in zwei davon werden auch wieder Gottesdienste gefeiert. Kazimierz ist mittlerweile aber auch zu einem angesagten Ausgehviertel und Touristenmagneten geworden- aus guten Gründen: Es sind viele historische Gebäude vergleichsweise gut erhalten; man kann neben den Synagogen und jüdischen Friedhöfen auch einige Museen und christliche Kirchen besuchen - und das Viertel auch schöne Plätze zum Rasten zu bieten. Weil wir hungrig sind, kehren wir ein – denn auch für seine Gastronomie ist Kazimierz bekannt. Im „Hamsa“ finden wir ein perfektes Ziel: Das Restaurant ist in einem historischen Backsteinbau untergebracht; der Service flott und die orientalische Küche (Motto: „Make hummus, not war“) lässt – auch für Vegetarier – keine Wünsche offen.

Am nächsten Tag gehen wir dann von Kazimierz noch etwas weiter nach Süden, überqueren die nahe dem Stadtzentrum vorbeifließende Weichsel – und haben gleich drei interessante Museen vor uns: Das erste ist das Museum für zeitgenössische Kunst (abgekürzt: MOCAK), das in einem modernen Neubau untergebracht ist und Kunstwerke ab den 1970er-Jahren zeigt. Gegenüber der Straße liegt in einer ehemaligen Glasfabrik das Zentrum für Glas und Keramik, wo man auch im Rahmen von Vorführungen konkret zusehen kann, wie Glas erzeugt wird und mit Hilfe von viel Hitze verformt werden kann. Unser Ziel an diesem Tag ist aber die ehemalige Emaille-Fabrik von Oskar Schindler (1908 - 1974): Der Unternehmer hat bekanntlich rund 1200 Jüdinnen und Juden vor der Vernichtung durch die Nazis bewahrt, indem er sie von der SS angefordert hat und in seinen Betrieben, in denen etwa Metallgeschirr, aber auch Patronenhülsen erzeugt wurden, beschäftigt hat. Eine Führung durch den alten Firmenkomplex, in dem auch Teile von Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ gedreht wurde, ist lohnend – sollte aber ob des großen Andrangs am besten online im voraus gebucht werden. Im Schindler-Museum wird zudem auch auf die generelle Lage der Polinnen und Polen unter der Besetzung durch Hitlerdeutschland eingegangen. Unweit der Schindler-Fabrik lassen sich außerdem noch die letzten Reste jener Mauer sehen, die das von 1941 bis 1943 von den Nazis eingerichtete jüdische Ghetto in Krakau umschlossen hat. Unweit davon ist außerdem der Plac Bohaterów Getta („Platz der Ghettohelden“), der zu einem Denkmal umfunktioniert wurde: Im Jahr 2005 wurden auf dem Platz, der die letzte Station für die Ghettobewohner vor dem Abtransport ins Konzentrationslager war, 33 übergroße Metallstühle und 37 kleinere Kopien dieser Stühle aufgestellt, die zum Hinsetzen einladen.

Den letzten Vormittag unseres Krakau-Wochenendes widmen wir aber dem Wawel: Denn der Hügel in der Mitte der Stadt hat jahrhundertelang das weltliche und geistliche Machtzentrum Krakaus beherbergt. Denn im Jahr 1000 wurde hier der erste Dom der Stadt gebaut. Später kam eine Burganlage samt prächtigem Schloss dazu. Wir haben uns dafür ebenfalls schon vorab ein Online-Ticket gesichert – und sehen uns die königlichen Gemächer, allerlei Kunstwerke, Geschirr und Möbel an – und besteigen den Sandomierz-Turm, der einen schönen Rundblick über die Anlage ermöglicht.

Allerdings: Weil wir an diesem Wochenende weder die Zeit für einen Besuch in einem der vielen Jazzkeller der Stadt hatten; noch das Museum für den Theater-Universalkünstler Tadeuz Kantor oder das unterirdische Museum unter dem Rynek begutachten konnten; und weil die nahegelegene Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz ohnehin eine eigene Reise wert wäre, schauen wir schon im Kalender bzw. im ÖBB-Fahrplan für 2024, welches nächste lange Wochenende für einen neuerlichen Krakau-Besuch in Frage kommt…

Übernachtungstipps:

SM Oleandry Youth Hostel
Ulica Oleandry 4
30-060 Krakow
Web: www.smkrakow.pl/en
E-Mail: schronisko@smkrakow.pl
Tel.: +48 12633 88 22

Krakow SSM
Ulica Grochowa 21
30-731 Krakow
Web: www.ssm.com.pl/en
E-Mail: krakow@ssm.com.pl
Tel.: +48 12 653 24 32 / +48 697 66 18 66

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